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«Bösartige Kommentare sind ein terroristischer Akt»…

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Christoph Neidhart berichtet in seinem äusserst lesenswerten Artikel «In Südkorea ist die virtuelle Welt am grössten» im Tagesanzeiger vom 28.11.2008 über die Auswüchse des Mitmachwebs in einer technologisierten Gesellschaft wie Südkorea.

Er schreibt:

Südkorea nutzt das Internet anders:

Südkorea wird vom Internet beherrscht, 94 Prozent aller Haushalte haben Breitbandanschluss. Und in den Städten finden sich überall Cybercafés – mit superschnellen Verbindungen und den neuesten Grafik-Applikationen. Die meisten gewöhnlichen Cafés bieten umsonst drahtlose LAN-Anschlüsse an. Das Land ist der Welt technologisch und in der Adaption neuer Technologien voraus. Hier gab es Cyworld, eine Site, auf der sich junge Leute selbst darstellen, fünf Jahre vor Einführung des internationalen Pendants Myspace. Fast jeder Teenager in Südkorea hat seine eigene Homepage. Dialpad, eine südkoreanische Plattform für Internettelefonie, ging Skype Jahre voraus. Und auch die koreanischen Suchmaschinen Café Daum und Naver konnten stets mehr als die koreanischen Sites von Yahoo und Google.

Die extensive Internet-Nutzung hat in diesem Land aber auch seine Auswüchse:

Das Internet wird in Südkorea so intensiv genutzt wie sonst nirgends. In Technologie und Anwendung ist das Land allen andern weit voraus – auch bezüglich der Auswüchse.

Moon Geun-young ist das jüngste Opfer der immer aggressiver werdenden südkoreanischen Netizens. Die 21-jährige Schauspielerin wird online angepöbelt, weil sie einem Hilfswerk umgerechnet eine halbe Million Franken gestiftet hat. Sie sei Kommunistin, heisst es, oder sie wolle sich nur wichtig machen. Dabei hatte sie sich bei der Spende Anonymität ausbedungen.

Gleich drei südkoreanische Filmstars haben sich im Oktober das Leben genommen, angeblich, weil sie die üble Nachrede auf dem Web nicht mehr ertrugen. Vor allem der Selbstmord [vom Filmstar] von Choi Jin-sil erschütterte Südkorea. Sie erhängte sich wenige Tage vor Drehbeginn zu ihrem nächsten Film. Die 40-jährige Mutter zweier Kinder war in Ostasien ein Superstar. Blogger und Chat-Sites haben eine derartige Reichweite, dass Choi Jin-sil sich ausser Stande sah, die Wellen der Häme abzuwehren, die über sie hereinbrachen.

Anonyme Kommentare verbieten?

Das Problem hat auch die südkoreanische Regierung erkannt. Sie schaltet neuerdings TV-Spots, in denen sie die Netizens warnt: «Bösartige Kommentare sind ein terroristischer Akt». Die Regierung plant, das Web stärker zu regulieren. Anonyme Kommentare sollen verboten werden. «Zensur», ruft die Opposition und weist auf die grauenhafte Ehe und Kampfscheidung sowie die nachlassenden schauspielerischen Leistungen von Choi Jin-sil hin. Ihren Suizid einfach den Online-Chattern anzulasten, greife zu kurz.

Und so schlussfolgert der Autor:

Auch in Südkorea vermag die Elektronik die Realität nicht zu ersetzen, sie erleichtert bloss die Kommunikation und bietet ungeahnte Möglichkeiten und Spielraum für Betrügereien und Polemik. So sehr, dass die Macht das Internet nicht mehr nur fördert, sondern auch fürchtet. Nach Chois Tod hat die Staatsanwaltschaft über 2000 Südkoreaner wegen Online-Verleumdung angeklagt.

Interessant dabei, dass auch in der Schweiz zunehmend anonyme Kommentare nicht mehr toleriert werden. Auch Community-Manager von News-Communities berichten von Phänomen, die einem Normalsterblichen ein grosses Stirnrunzeln auf die Stirne zaubern. So machen sich scheinbar gewisse User einen Spass daraus, mit verschiedenen Profilen Diskussionen zu lancieren und so andere User gegeneinander aufzuhetzen. Manche brüsten sich dann sogar, sie hätten so schon einige Foren und Communities zum Erliegen gebracht…Ganz zu schweigen von den Online-Stalkern.

Stellt sich die Frage, ob diese Schattenseite des Web 2.0, also die Online-Diffamierungen, dazu führen werden, dass das Internet einst reguliert werden wird…

Kategorie:  Web

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